Die Maxvorstadt verliert ihre Bewohner, ihre kreativen Milieus, ihr Gesicht.
LETsDOK, die AG DOK Bayern, ARD–alpha und das Münchner Forum kooperieren bei der Veranstaltung MAXmit – Zukunft für die Maxvorstadt.
Gezeigt werden der Film EIGENHEIM von Welf Reinhart, der gerade den Studenten–Oscar gewonnen hat, sowie Archivfilme über das Münchner Stadtviertel aus dem Archiv des Bayerischen Rundfunks. Eingebettet ist eine Podiumsdiskussion zur Entwicklung des Viertels mit der Stadtbaurätin Elisabeth Merk, Alt-OB Christian Ude und anderen.
Die Münchner Maxvorstadt ist das älteste Stadterweiterungsviertel von München. Die Bebauung entlang der Ludwigstraße begann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Viertel, das die beiden großen Universitäten der Stadt und die berühmten Pinakotheken beherbergt, war traditionell die Heimat der Münchner Kreativ-Bohème. Heute hat die Explosion der Boden- und Mietpreise eine massive Gentrifizierung in Gang gesetzt, mit der die Reste der Identität des Viertels verloren zu gehen drohen. Historische Häuser mit Mietwohnungen werden dem Abbruch preisgegeben, es entstehen Appartment- und Penthouseobjekte mit Quadratmeterpreisen von derzeit bis zu 30.000 Euro.
Start mit Kurzfilm EIGENHEIM
Beim Thema Wohnen geht es um Menschen, ihren Lebenslauf, ihr Schicksal. Der mit dem Studenten–Oscar 2022 preisgekrönte Film EIGENHEIM zeigt einen der zahlreichen biographischen Brüche, die mit dem Veränderungsprozess in der Großstadt einhergehen.
Das Seniorenpaar Monika und Werner Baland lebt in einer kleinen Dreizimmerwohnung, als sie von der neuen Vermieterin eine Eigenbedarfskündigung überreicht bekommen. Die junge Mutter möchte selbst mit ihrer Familie einziehen. Doch die Wohnungssuche stellt sich für das Seniorenpaar als außerordentlich schwierig dar. Als dann noch die Gerichtsvollzieherin vor der Tür steht, bleiben dem Ehepaar nur noch ein paar Wochen Zeit um eine neue Wohnung zu finden, um der Zwangsräumung zu entgehen. Während Monika mit allen Mitteln um eine Wohnung kämpft, sieht Werner zunehmend seine Würde als Mensch bedroht.
Podiumsdiskussion mit Stadtbaurätin Merk
Nach dem Eindruck vieler Bewohner der Maxvorstadt tun die Behörden der Landeshauptstadt wenig, um die rasante Veränderung in diesem historisch einmaligen Stadtquartier zu lenken. Immer wieder hört man allerdings, es gäbe dazu auch kaum Möglichkeiten. Das wollen wir von der verantwortlichen Stadtbaurätin gerne genauer erläutert bekommen. Mit Frau Professor Merk diskutieren die Architektin und Stadtplanerin Lore Mühlbauer, die Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt Svenja Jarchow, Bernadette Felsch vom Münchner Forum und Alt-OB Christian Ude.
Archivfilme zur Maxvorstadt
Anfang der 1970er Jahre hatte sich in der Maxvorstadt eine Bürgerinitiative gebildet, die sich gegen die damals ganz ähnlich wie heute laufende Spekulations- und Abrisswelle stemmte. Im Archiv des Bayerischen Rundfunks und des SWR haben sich dazu mehrere Dokumenationen gefunden.
AMALIENSTRASSE, von Dieter Wieland 1971 gedreht, beschreibt die Vorgehensweise von Banken, Versicherungen und Spekulanten bei ihren Versuchen, historische Bausubstanz zu beseitigen, um lukrativen Neubauprojekten Platz zu schaffen.
TÜRKENSTRASSE 68a von Bertram Verhaag, von 1981, zeigt ein Beispiel dieser Vorgehensweise. Der spätere Münchner OB Christian Ude tritt im Film als Anwalt der betroffenen Mieter des Gebäudes auf. Der ursprünglich für den BR gedrehte Film konnte im Archiv von Report Baden-Baden gefunden werden. Der bayerische Sender hatte die Ausstrahlung abgesagt und der SWF sprang damals ein. Ein sehenswertes Zeitdokument.
ALAMANACH TÜRKENSTRASSE, von Gerhard Ledebur 1971 gedreht, zeigt die klaffende Wunde, die der Altstadtring in den vorderen Teil der Türkenstraße gerissen hat. unter anderem ist das historische „Pfefferle-Haus“ zu sehen, das 1971 abgerissen wurde – für die damals bereits so genannte Fehlentwicklung „autogerechte Stadt“. Zu sehen ist auch Kaplan Ralf Dantscher, der damals die Bürgerinitiative Maxvorstadt begründet hat. Wir zeigen kurze Ausschnitte aus diesem Film.
Film und Diskussion
Archivfilme zeigen, was war, wir diskutieren, was sein soll. Am Dienstag, den 25. Oktober ab 17:00 im Kino NEUES ROTTMANN, Rottmanstr. 15.
Der Eintritt ist frei.